Goldenes Gässchen

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Prag ist immer eine Reise wert und zu jeder Jahreszeit schön . Es gibt aber Ecken in Prag, die selbst in der heitersten Frühlingssonne unheimlich sein können. Nicht für jeden, gewiss. Doch manche spüren, dass dort etwas anders ist. Dazu gehört das Goldene Gässchen, das auf dem Berg der Prager Burg liegt, erreichbar mit der Metro zu den Stationen Malostranska und Hradcanska. Von dort steigt man über verschiedene Wege zu Fuß zur Burg hinauf.

Im Schatten des Domes, hinter Sankt Georg und um ein paar Ecken verborgen, führte schon im Mittelalter eine Gasse an der Schanzwand der Prager Burg entlang. Wo große Arkaden einen gedeckten Wehrgang gestützt hatten, entstanden unter Rudolf II. (1552–1612) Unterkünfte für die „rote Schützen“ genannten Mitglieder der Burgwache, später für Handwerker, die hier dem Zugriff der Prager Zünfte entzogen waren. Dazu gehörten auch die Goldschmiede, nach denen die Gasse benannt wurde. Und die Alchemisten.

Rudolf II. war nicht nur überzeugt, dass man mithilfe der Alchemie Gold herstellen könne und den Stein der Weisen finden würde, er war selbst Auftraggeber in Sachen Alchemie … Okkultes, Geheimnisvolles zogen ihn an. Ob seine Chemiker, Ärzte und Philosophen tatsächlich irgendwas mit dem Goldenen Gässchen zu tun haben, ist eher fraglich. Schließlich stellte Rudolf II. ein großes Labor auf dem Burgberg zur Verfügung.

Längst hatte man, da der Platz in den engen Räumen nicht ausreichte, vor der Schanzmauer in die Gasse hinein kleine Häuschen angebaut. Zwischen Burgmauer und Burggrafenpalast war die Enge allerdings nach wie vor groß und der Gestank nahm deutlich zu. Doch die Anziehungskraft des Ortes blieb ungebrochen. Im 20. Jh. zog es die Bohème, Künstler und Schriftsteller, hierher. Des ruhigen Lebens und Schaffens wegen, heißt es, wohnte Franz Kafka zeitweilig im Haus Nr. 22, nicht weit entfernt von der Wahrsagerin Matylda Průšová, die im Haus Nr. 14 wohnte. Da sie den Untergang des „Dritten Reiches“ vorhersagte, wurde sie von der Gestapo verhaftet und getötet. In den Jahren 1952 bis 1955 sowie zu Anfang des 21. Jh.s wurden die Häuschen sorgfältig restauriert. Anfang 2011 wurde das Goldene Gässchen wieder geöffnet.

Seit jenen Renovierungen waren die Häuser des Goldenen Gässchens unbewohnt. Sie sind heute für Besucher zu besichtigen, beherbergen Cafés, Souvenirläden sowie kleine Museen mit Dauerausstellungen wie das Haus eines Burgschützen aus dem 16. Jh. und das Interieur der Renaissancezeit (Nr. 13) oder das Haus eines Goldschmiedes (Nr. 15).

Doch es gibt noch andere Erzählungen über die Zlatá ulicka, wie das Goldene Gässchen auf Tschechisch heißt. Eines der Häuschen, so heißt es bei dem österreichischen Schriftsteller Gustav Meyrink, soll „nur bei Nebel sichtbar“ werden und „auch da bloß ›Sonntagskindern‹“. Das unsichtbare Haus, die „Mauer zur letzten Latern“, bei dem Meyrinks Fantastikroman Der Golem endet, mag hier irgendwo liegen – bei Tag sieht man dort „nur einen großen grauen Stein“. Wer es aber sehen kann, dem ist es – so der esoterisch engagierte Meyrink – der geheime Übergang von der sichtbaren zur unsichtbaren Welt

Weitere Infos

AdresseZlatá ulička u Daliborky, 119 00 Praha 1-Hradčany, Tschechien